Nein! Nein! Nein! Oder auch: links rein und rechts raus! Wenn das Kleinkind nicht hören will…
- Nicole Schmidt
- 9. Aug. 2017
- 7 Min. Lesezeit

Ja was mache ich denn dann? Es weitermachen lassen? Es anschreien? Einen Regentanz vollführen, in der Hoffnung es sieht und erhöht mich?
Manchmal habe ich das Gefühl, ich rede mit einer Wand, die dafür prädestiniert ist mich zu ignorieren. Doch was kann ich tun das mein Kind auf mich hört?
Ja was will ich denn eigentlich?
Zunächst einmal sollte ich prüfen was ich meinem Kind sagen möchte…
Ein Verbot? Eine Warnung? Oder ein „Befehl“?
Denn je nachdem WAS ich sagen möchte ich es nämlich entscheidend WIE ich es sage.
Fangen wir doch mal bei den Verboten an…..
Zunächst einmal sollte ich prüfen WARUM ich etwas verbieten möchte.
Weil „man das nicht macht“, weil „ich das nicht möchte“ oder weil „es gefährlich ist“?
Bei ersterem sollte ich weiterdenken...
Warum macht „man“ das denn nicht?
Wer hat gesagt das „man“ das nicht macht und will ich wirklich das mein Kind das auch nicht macht.
Oder ist es mir eigentlich egal das es das macht und ich komme nur nicht aus diesem Trott raus?
Reflektieren heißt hier das Zauberwort.
Klärt erstmal für euch warum ihr ein Verbot aussprechen wollt und haltet euch daran nicht an alte, sture „man“-Weisheiten von anno dazumal.
Wenn ihr etwas verbietet, weil IHR es nicht möchtet, ist es sehr viel authentischer. Denn ihr könnt den Grund benennen WARUM ihr das nicht möchtet. Damit strahlt ihr schon eine ganz andere Autorität aus, die maßgeblich dafür ist, das eurer Kind versteht das es euch ernst damit ist.
Egal ob es dabei um eure Benimmregeln geht, dir ihr als wichtig erachtet oder ob es dabei um Regeln geht die die Gesundheit des Kindes schützen. Wichtig ist ihr steht dahinter und seid konsequent. In jeder Familie gibt es gewisse Grundregeln die eingehalten werden müssen, doch ein Kind weiß diese noch nicht, daher testet es aus was es darf und was nicht. Das ist enorm wichtig, denn so lernen unsere Kinder. Lernen ihre Fähigkeiten, lernen das Leben in der Familie und lernen das es Regeln gibt die eingehalten werden müssen damit man unversehrt überlebt.
Da für so einen kleinen Menschen im Wissens- und Entdeckungsdrang viele Regeln frustrierend sind, ist es umso wichtiger, dass man den Stellenwert der Regeln festlegt. Verbannt das „man“ aus den Verboten und ersetzt es durch das „ich“.
Nur weil „man“ nicht matscht heißt das nicht das „ich“ nicht will das gematscht wird. Beschränkt die Regeln auf das Minimum und vertraut euren kleinen Freigeistern. Lasst sie die Grenzen austesten und lasst sie ihre Umgebung entdecken, auch wenn das gesellschaftliche Reglement nicht immer damit konformgeht –das ist egal!
Geht in euch und wenn ihr erkennt das es euch doch gar nicht stört das mit Essen gematscht, Barfuß gelaufen oder mit den Fingern gemalt wird – dann lasst die Kinder, Kinder sein!
Die Regeln des Familienlebens
Ihr werdet schnell erkennen welche Regeln es bedarf damit euer Familienleben geregelt verläuft und ihr werdet erkennen, dass es weniger sind als zuerst vermutet. Und Genau wenn ihr diesen Punkt erreicht habt, könnt ihr selbstbewusst diese Regeln verdeutlichen und eurer Kind wird die Ernsthaftigkeit erkennen und wird (natürlich nach mehrmaligen austesten ob es euch wirklich ernst damit ist) „auf euch hören“.
Bleibt bei den paar Regeln, die es braucht, liebevoll konsequent und das IMMER. Erklärt auch zum hundertsten Mal WARUM es diese Regel gibt und WARUM auch das Kind sich daranhalten muss. Bei uns war vor allem das Verhalten im Straßenverkehr sehr oft ein Thema.
Denn der kleine Dickkopf meinte es oftmals besser und verstand lange nicht WARUM es wichtig ist an der Hand zu bleiben. Hier halfen nur Erklärungen, Erklärungen und nochmals Erklärungen und auch jetzt noch kommt es ab und an zu einem Vorfall in dem ich ein wütendes Kind über meine Schultern zu der anderen Seite tragen muss, um ihm anschließend erneut zu erklären WARUM er nicht alleine über die Straße rennen kann. Verzweifelt nicht daran, auch ich habe die Hoffnung dass es irgendwann besser wird J
Nachdem wir das WARUM geklärt haben kommen wir zum WIE.
Wie erkläre ich meinem Kind etwas damit es auch auf mich hört?
Nun ja, bei Verboten in Gefahrensituationen gibt es ganz klassisch >>NEIN<< >>HALT<< und >>STOPP<<. Welches ihr verwendet ist euch überlassen, aber Studien haben ergeben, dass, vor allem kleinere Kinder, auf das Wort „NEIN“ am wenigsten reagieren, daher empfiehlt sich eher ein „HALT“ oder „STOPP“. Wichtig ist nur das dieses Schlagwort NUR in Gefahrensituationen zum Einsatz kommt. Denn dadurch erkennen die Kinder schnell die Ernsthaftigkeit des Wortes und reagieren prompt darauf. Selbst die ganz kleinen Laufanfänger haben das schnell drauf. Wichtig ist wirklich die Sensibilisierung zu diesen Schlagwörtern. Bei zu häufiger Verwendung verlieren sie den Reiz und verschwimmen in der Masse der anderen, neuen Wörter, die das Kind Tag für Tag lernt.
Kommen wir mal zu den „Befehlen“ oder wohl eher „Bitten“.
Wir möchten das unser Kind sich anzieht und sagen den Satz „Kannst du BITTE deine Schuhe anziehen?“ und was macht das Kind? Es antwortet uns mit „NEIN!“. Tja, da sind wir selber dran schuld! Warum formulieren wir auch eine Bitte? Warum sagen wir nicht klar was wir wollen? Wenn wir unsere Fragen so formulieren, müssen wir nun leider auch mit einem „Nein“ rechnen und ein „Nein“ ist auch ein „Nein“!
Auch bei unseren kleinen, selbstbestimmten Persönlichkeiten. Denn mit diesen „Nein“, scheint es für uns auch noch so nichtig, waren sie ihre Grenzen und auch wir als Erwachsene, die es ja eigentlich so eilig haben, sollten uns an diese Grenzen halten. Denn was heute ein „Nein“ zum Schuhe anziehen ist, wird später das „Nein“ zu Drogen“ und das „Nein“ im Sexleben sein.
>> Die spinnt doch, es geht doch nur um Schuhe…<< wird sich jetzt der ein oder andere denken. Aber nein, es geht um Selbstbestimmung – um die Wahrung der eigenen, persönlichen Grenzen. Egal ob es um Schuhe, Taten oder sonstiges geht. Ein respektiertes „Nein“ im Kleinkindalter stärkt das selbstbewusste „Nein“ im Erwachsenenalter.
Bevor ich jetzt zu weit vom Thema abkomme nun zurück zu den Formulierungen. Wie kann ich diesen Satz also so formulieren das meinem Kind keine Möglichkeit mehr bleibt zu dementieren? Ganz einfach, ich mache daraus eine Forderung…
„Zieh dir jetzt die Schuhe an….“ So könnte der Satz beginnen und eigentlich auch enden, doch auch wie wir, hören Kinder gerne Begründungen warum sie so handeln sollen wie wir es gerne hätten…“wir müssen los, sonst verpassen wir den Bus/sonst kommen wir zu spät….“ So werden unsere Kinder verstehen warum wir möchten das es sich jetzt die Schuhe anzieht. Natürlich ist das kein Garant dafür das unsere Kinder auch immer danach handeln obwohl wir uns deutlich ausgedrückt haben. Denn der Autonomieteufel ist manchmal fies. Da gibt’s noch einen anderen, cleveren Trick. Lasst das Kind doch einfach Barfuß mit und packt die Schuhe ein J Und jaaaa, selbst im tiefsten Winter würde ich diesen Tipp geben und das erklärt sich so…
Erklären ist gut, Machen ist besser...
Wir wissen das wir ohne Schuhe im Winter ganz schnell kalte Füße bekommen aber unsere Kinder wissen das nicht, höchstens aus unseren abstrakten Erklärungen, die für uns logisch, für Kinderohren aber absoluter Bullshit sind. Also traut euch, lasst das Kind ruhig barfuß in den Schnee und sorgt einfach vor, indem ihr die Schuhe einpackt. So schenkt ihr euch nicht nur einen stressfreien Morgen sondern euren Kindern eine weitere Lebenserfahrung, die beim nächsten Mal die Erklärungen überflüssig macht :-)
Gehen wir mal weiter zu den Warnungen….eines der größten Streitthemen die die mit meiner wirklich, wirklich lieben Schwiegermutter ständig habe.
Die Gute ist eine Glucke der Superlative! Eine Glucke die es wirklich gut meint. Die mein Kind und ihren Sonnenschein am liebsten in eine Glaskuppel setzten würde, um ihn vor den Gefahren der Welt zu schützen. Sie meint es wirklich lieb doch leider oftmals zu gut. Denn durch ihre ständigen Warnungen schränkt sie den Abenteuerdrang meines Freigeistes erheblich ein….
“Pass auf!“ „Mach das Nicht!“ „VORSICHT!!!“ sind die Schlagwörter die teilweise im Minutentakt fallen, weil sich mein Abenteurer in ständig neue „Gefahren“ begibt.
Doch was vermitteln wir mit diesen Warnungen?
Wie kommt das bei unseren Kindern an?
Wir vermitteln mit diesen Warnungen Angst. Angst das gleich etwas Schlimmes passiert. Wir misstrauen den Fähigkeiten unserer Kinder und verunsichern sie und dann passiert meist das, was wir vorhergesehen haben…sie fallen, stürzen, stoßen sich und wir können triumphierend „Ich hab’s dir doch gesagt!“ in die Welt posaunen und untergraben damit weiter das Selbstvertrauen unserer Kinder.
Aber warum?
Warum lassen wir unsere Kinder (im geschützten Rahmen) nicht eigene Erfahrungen sammeln?
Ist es so schlimm wenn das Kind beim balancieren auf einem Ast auf den weichen Waldboden fällt?
Ist es wirklich schlimm wenn das Kind sich beim unterm Tisch aufstehen an den Kopf stößt? Und ist es wirklich schlimm das Kind alleine die Leiter zum Klettergerüst hochgehen zu lassen und, ohne ein Wort zusagen, dahinter zu stehen, um im Fall der Fälle es aufzufangen ohne sein tun zu kommentieren? Genau im letzten Punkt liegt nämlich der Hund begraben….Sind unsere Warnungen denn wirklich von Nöten? Würden wir nicht viel mehr Selbstvertrauen vermitteln in dem wir die Kinder einfach machen lassen um schützend, in einem gewissen Abstand im Schatten zu stehen, um im Fall der Fälle da zu sein? Und zwar auch dann wenn es schiefgeht, auch wenn wir es vorher wussten. Ist es da nicht besser vorher den Mund zu halten und danach zu trösten und zu zeigen wie es anders geht? Denn so ist der Lerneffekt um so vieles höher. Denn nur wenn die Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen können sie auf die zukünftigen, notwendigen Warnungen hören die wir aussprechen.
Wichtig bei allem was ihr zu euren Kindern sagt – begebt euch auf Augenhöhe. Würde ein Riese über meinem Kopf hinweg irgendwelchen Kauderwelsch von sich geben wäre mir das auch schlicht egal und ich würde weiterspielen. Und reflektiert vorher ob es wirklich notwendig ist das die Kinder in genau DIESER Situation auf uns hören MÜSSEN oder ob wir nur denken das sie hören müssen….
Zu guter Letzt führt euch doch mal zu Augen WANN euer Kind denn auf euch hört, anstatt immer nur zu sehen WANN eurer Kind nicht auf euch hört. Wir neigen ja dazu dem Negativen immer einen gewissen Vorrang zu lassen, anstatt die guten Seiten für sich sprechen zu lassen….
Liebe Grüße eure
Winterkind-Mama
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